Jede menschliche Tätigkeit hat Auswirkungen auf die Umwelt. Diese unbestrittene Tatsache bedeutet aber weder, man müsse alles gleich aufhören, noch es solle uns ganz egal sein. Ich glaube, wir sind heute zu einem Punkt gekommen, wo Umweltprobleme so offenkundig sind, dass jeder, ohne Hysterie oder Heuchelei, die Folgen des eigenen Verhalten hinterfragen soll und versuchen möglichst umweltfreundlich zu werden. In vielen Fällen ist es nicht mal so schwierig. Ich bin kein Heiliger und will nicht predigen, denn ich hab sehr wohl meine Sünden; auf der anderen Seite versuche ich, sowohl bei der Arbeit als auch in meinem Alltagsleben umweltverträgliche Gewohnheiten einzunehmen.
Nach dieser Prämisse zurück zu unsere Frage: wie kommen Cembali mit der Umwelt zurecht?
Da Instrumente ja Güter unbestimmter Dauer sind, ist die Frage an sich wohl nicht so wichtig wie bei Verbrauchsgüter oder sogar Einweg-Objekte. Doch die Analyse wirft ein Licht auf interessante Aspekte einer Herstellungsart, die eher antitetisch zur geläufigen scheint und fast völlig in Vergessenheit geraten ist.
MATERIALIEN:
Beginnen wir mit der offensichtlichen Überlegung, dass Holz an sich ein nachwachsender Rohstoff ist; es macht aber einen großen Unterschied ob es aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern kommt oder nicht, denn „nachwachsend“ bedeutet ja nicht „unendlich“.
Leider ist es mir doch nicht immer möglich, den genauen Ursprungsgebiet jedes Holzstückes herauszufinden. Es wäre bestimmt ein interessanter Aspekt auch an sich, denn oft können Bäume, die in einem bestimmten Gebiet wachsen, gewisse Eigenschaften haben, die anderswo nicht üblich sind. Die Rede ist hier nicht nur von großer Entfernung, wie z.B. zwischen schwedischen und alpenländische Fichte, die sie zu völlig unterschiedlichen Materialien macht: selbst Bäume, die in einem bestimmten Tal oder auch nur auf einem bestimmten Hang gewachsen sind, können besondere Eigenschaften aufweisen. Dies ist z.B. der Fall der Fichte aus dem Fleimstal (Val di Fiemme), die ich für Resonanzböden verwende.
Manchmal trennen nur wenige Dutzend Kilometer ein ausgezeichnetes Holz von einem mittelmäßigen, weil neben genetischen Eigenschaften, auch Art des Bodens, Höhe, Häufigkeit der Niederschläge und Exposition gegenüber Sonne oder Wind hinzukommen.
Wenn die Erhebung über genaue Herkunftszone nicht immer einfach ist, muss man Großhändler verdanken. Heute muss man zufrieden sein, wenn man die Bretter überhaupt selbst auswählen kann; und dies muss man sich auch schon ein bisschen verdienen, als ob es ein Gefallen wäre, denn leider haben Händler und Sägewerke wenig Sensibilität für Qualität. Ich meine hier echte Qualität, die man sorgfältig und mühsam an dem einzelnen Brett inspizieren muss, und nicht was ganz bequem auf dem Etikett steht. So wird man als Kleinhandwerker oft eher kalt empfangen.
Wenn es oft nicht möglich ist, das Ursprungsgebiet jedes einzelnen Brett zu verfolgen, ist es hingegen gar nicht schwer das Herkunftsland herauszufinden: ich bin wirklich unnachgiebig über die europäische Ursprung des gesamten Holzes, das ich verarbeite, mit ganz seltenen Ausnahmen (Tastaturen).
Heute wird die überwiegende Mehrheit der Wälder in der Europäischen Union (98%) nach nachhaltige Prinzipien verwaltet. Die ersten Waldschutzmaßnahmen Europas stammen aus dem 16. Jahrhundert, und obwohl die Nutzung intensiv ist, nimmt ihre Fläche allmählich zu; Darüber hinaus wird das Gebiet kontrolliert und illegaler Holzeinschlag wird streng bestraft. Ohne eine Kontrolle der gesamten Lieferkette jedes einzelnen Brett zu übernehmen, habe ich auf dieser Weise doch, die begründete Vermutung, dass es sich um Holz handelt, dass nach nachhaltigen Forstpraktiken geschnitten wurde.
Bei Materialien europäischer Herkunft sind auch die Transportwege viel kürzer als bei tropischen Hölzer.
Bei einigen Nadelhölzer ist es alles einfacher: angesichts der guten Qualität und Verfügbarkeit von Ort, zählt sich kaum aus solche Hölzer von Fern zu importieren. Da Fichte bei meine Instrumente meistens die ganze innere Struktur ausmacht, kann man sagen, dass das meiste Holz, das ich in meinen Instrumenten verwende im Umkreis von etwa 250 km von meiner Werkstatt gewachsen ist; statistisch stammt das meiste aus den Wäldern von Südtirol, Trentino und Venetien.
Wenn Sie denken, dass diese Skrupel übertrieben sind, sollten Sie auch wissen, dass in bestimmten tropischen Gebieten Holzschnitt von bewaffneten Gruppen verwaltet wird. Diese Kriminellen haben sicherlich keine Skrupel, das Ökosystem zu ihrem eigenen Vorteil zu zerstören. Und trotz der Einfuhrverbote hat sich gezeigt, dass, dank korrupten Beamter, ein Teil dieses Holzes nach wie vor seinen Weg nach Europa findet.
Leider sind einige der im Instrumentenbau viel verwendete Hölzer problematischer Herkunft. Dies gilt u.A. auch für Ebenholz, das Holz der umgekehrten Tastaturen, das inzwischen eine gefährdete Art ist. Da die Situation nicht ermutigend ist, greife ich im Normalfall auf Alternativen zurück und verwende es nur auf ausdrücklichen Wunsch des Auftragsgebers.
ENERGIE:
Da ich zu Hause im meinem Heimatdorf arbeite, sind die Fahrten aufgrund meiner Tätigkeit erheblich reduziert; ein paar Mal im Monat in der Stadt Materialien und Utensilien zu kaufen ist alles was ich zum Arbeiten brauche.
Da Cembali auch vor dem Aufkommen von Elektrowerkzeugen gebaut wurden, wäre es im Prinzip möglich, vom Baum aus zu starten und nur mit der Kraft der eigenen Arme zum fertigen Cembalo zu gelangen. Doch ist diese Möglichkeit, aus offensichtlichen Gründen, eher theoretisch als praktisch.
Abgesehen vom Holzfällen, Transport und Lagern, bestimmte wichtige Phasen, die aber speziellen Raum und Ausrüstung benötigen, gab es in der Vergangenheit auch spezialisierte Arbeiter, die Holz für den Handwerker auf gebrauchsfertigen Stärke aufsägten; heute müssen sich diejenigen, die Holz kaufen, mit Standardformaten auseinandersetzen, die für ganz anderes gedacht sind als für Instrumentenbau. Daher der absolute Bedarf an Maschinen, um die Bretter auf die gewünschte Stärke aufsägen zu können.
Meine Hauptausrüstung ist daher eine mittelgroße Bandsäge, zusammen mit ein paar anderen Elektrowerkzeugen. Der Großteil der Arbeit des Instrumentenbauers wird nach wie vor manuell erledigt, und ich glaube nicht, dass man von den Maschinen viel profitieren würde. Zum Schluss, Rechnungen in der Hand, der Stromverbrauch meines Unternehmens unterscheidet sich nicht viel von dem einer normalen Wohnung.
ABFALL:
Obwohl gute Handwerker Rohstoffe möglichst effizient zu verwenden versuchen, produziert jede Aktivität doch Müll und Abfallprodukte; Art und Menge hängen aber von der Tätigkeit ab und unterscheiden sich wesentlich. In den Jahren habe ich bemerkt dass Instrumentenbau in der Tat fast kein Müll produziert. Die Materialien, die man verarbeitet, sind im Wesentlichen nur Holz, Metall und Leim.
-Holzausschnitte finden im Labor oft schon Einsatz für viele kleine praktische Aufgaben (Holznägeln, Lehren, Auflagen, usw). Wenn sie nicht mehr zu brauchen sind, werden sie einfach verbrannt, um die Werkstatt im Winter zu heizen.
-Metall wird in einem Instrument geringfügig verwendet; die wenigen Eisen- oder Messingreste, meist in Form von Metalldraht oder Nägeln, werden einfach zum Recyclingzentrum gebracht.
-Ich verwende nur tierischen Leim (Hautleim), der selbst ein Abfallprodukt der Schlachtung ist. Es ist fast reines Kollagen und daher völlig biologisch abbaubar (und wenn man nicht aufpasst, verrottet es nach einige Tage auch schon in der Werkstatt).
Das Einzige, was zum Schluss tatsächlich verbleibt ist Verpackung, wenn ich etwas bestelle.
Zum Schluss finde ich es total bescheuert, dass ich praktisch durch den Kauf von dem, was ich zum essen, waschen und anziehen brauche, viel mehr Müll und Umweltverschmutzung verursache als bei meiner Arbeit. Und doch ist es so.
Wir leben doch in einer seltsame Welt!